Wie war der Werdegang bei der Interflug?

Welches Flugzeug war das Einstiegsmuster?

Kam man von der IL-18 gleich auf die IL-62 oder flog man erst die Tu-134?

Wofuer wurde die An-2 eingesetzt?

Quellen wo man mehr ueber die Ausbildung der ehem. Interflugpiloten erfahren kann?

 

 

 

Wie war der Werdegang bei der Interflug?

 

Der Werdegang bei der INTERFLUG  war nicht mit den heutigen Laufbahnen von Piloten wie der Lufthansa vergleichbar. Senioritäten wie in den Tarifverträgen von heute oder die Möglichkeit, sich gegen eine Benachteiligung zur wehr zu setzen, gab es faktisch nicht.

Auch hat sich der Charakter des Werdeganges mit der Zeit geändert. So waren die ersten Piloten der INTERFLUG, wie in anderen Ländern zu Beginn der Zivilluftfahrt nach dem Krieg auch, grösstenteils Militärpiloten. Das betraf vor allem die ersten Umschulungslehrgänge von INTERFLUG Piloten in der damaligen UdSSR.

In den ersten Jahren kamen Piloten von der KVP Luft (Kasernierte Volkspolizei-Transportfliegertruppe) aus Dessau, aus Pirna Bordingenieure (die Triebwerkproduktion für die 152 erfolgte hier) und andere Piloten, welche schon im Krieg geflogen sind.

Die Piloten waren, sofern diese eine zivile Laufbahn einschlagen konnten, Ingenieur und später Diplom Ingenieure. Die Pilotenausbildung konnte nur über ein Ingenieurstudium  absolviert werden (trifft auch für die Agrarpiloten der INTERFLUG zu).

Ab 1966 fand die Ausbildung an der „Ingenieurschule für Verkehrstechnik Dresden, Aussenstelle Berlin-Schönefeld“, also direkt bei der INTERFLUG, statt.

Ab 1970 erfolgte das Direktstudium an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden und ab 1975 dann an der  Offiziershochschule der LSK/LV „Franz Mehring“ in Kamenz und Bautzen und endete mit dem Titel  „Diplom Ingenieur für Flugzeugführung“. Zwischen den Stellvertretern des Verkehrsminister, den Generälen Reinhold (Chef LSK/LV) und Dr. Henkes (Chef INTERFLUG), wurde über ein gemeinsames Studium/Ausbildung der Transportflieger der LSK/LV und der zukünftigen Interflieger entschieden.

So wurde die Ausbildung ein Mix aus militärischer und ziviler Ausbildung, welche unter der Oberhoheit der LSK/LV der NVA stand und an der Offiziershochschule der LSK/LV „Franz Mehring“ in Kamenz und Bautzen (Fliegerschule für alle Militärpiloten) absolviert wurde.

Dies bedeutete, dass ab 1975 die Ausbildung zum Piloten über eine militärische Laufbahn abgewickelt wurde, an dessen Ende der Betroffene einen militärischen Rang (Leutnant), eine militärische Erlaubnis erhielt und entsprechend der Auswahlkriterien einer zivilen bzw. militärischen Laufbahn zugeordnet wurde.

Die Ausbildungsinhalte wurden den ICAO  Kriterien für ein ATPL gerecht, auch wenn es in der DDR den Namen nach kein ATPL gab.

Auswählen konnte man seinen Werdegang allerdings nicht. Die Möglichkeiten beschränkten sich darauf, die Auswahl abzulehnen oder nicht.

Hier entschied sich die Karriere hauptsächlich zwischen den Möglichkeiten (Priorität) zur Regierungsstaffel nach Marxwalde, zur INTERFLUG, zu den Verbindungsfliegern des Kommandos der LSK/LV, den Transportfliegergeschwadern (Dresden auf IL-14, dann AN-24/26) oder Luftbildstaffel (Dresden mit AN-2) zu gehen.

Bei der INTERFLUG wurden die jungen Navigatoren und Piloten dann auf der IL-18 ausgebildet. Nach der Ausbildung kam ein grosser Teil auf die IL-62 bzw. auch auf die Tu-134. Als die TU-134 Staffel angewachsen war, ist man ab 1979 dazu übergegangen, auch auf der TU-134 direkt auszubilden.

Die Ausbildung erfolgte zu Beginn auf dem Simulator, der entsprechend der Situation, in der damaligen UdSSR (Moskau, Riga, Uljanowsk) stehen konnte. Nach der Typeneinweisung und dem Platztraining erfolgte dann die fliegerische Ausbildung auf der Strecke.

Nach dem Erhalt der Erlaubnis gab es dann „nur“ noch den Unterschied im Streckenspektrum, welches entweder die ganze Welt beinhaltete oder nur den sozialistische Teil.

Bordingenieure und Navigatoren wurden zum Teil auch als Piloten ausgebildet. Da aber erst der A-310 Navigator und Bordingenieur frei war, passierte dies nicht so oft. Die weitere Ausbildung bzw. Karriere in den Staffeln hing sicher auch von der fliegerischen Qualifikation ab, aber der politische Aspekt spielte eine immer grössere Rolle.

 

 

Welches Flugzeug war das Einstiegsmuster?

 

Der erste Ausbildungsmuster der INTERFLUG um 1955/56 war die IL-14. Die IL-14 wurde in Lizenz in den Flugzeugwerken Dresden ab Mai 1955 gebaut, die bei einer Fluggeschwindigkeit von 320 km/h nur 32 Passagiere befördern konnte. Der Nachbau der sowjetischen IL-14 erfolgte bis 1961, da die Fleugzeugherstellung auf Grund neuer Pläne und infolge von Rohstoffschwierigkeiten ganz aufgegeben wurde. Bis 1958 wurden 45 Flugzeuge hergestellt. Später war die IL-18 das Einstiegsmuster. Dies hing vor allem mit den Flottengrössen zusammen. Die IL-18 war lange Jahre das Langstreckenmuster der INTERFLUG.

Ab April 1960 erfolgter der Einsatz der IL-18 auf der Langstrecke mit bis zu 89 Passagieren bei einer Reisegeschwindigkeit von 450 km/h.

Der Bedarf der IL-62 Staffel wurde über die IL-18 gedeckt.

Auf der AN-24 wurde vor allem für den Nachwuchs der TU-134 ausgebildet (siehe dazu auch "Die Geschichte der TU-134 Staffel der INTERFLUG"). Nach der Gründung der TU-134 Staffel blieb das auch weiterhin so. Allerdings ging die AN-24 später ausser Dienst und wurde durch die IL-18 für die Ausbildung abgelösst.

Erst als die TU-134 Staffel langsam zur grössten Staffel anwuchs, wurde der Bedarf direkt mit der Ausbildung auf diesem Muster gedeckt.

Die Besatzungen für die drei Airbusse A-310 wurden aus allen Staffel zusammengestellt.

 

 

Kam man von der IL-18 gleich auf die IL-62 oder flog man erst die Tu-134?

 

Die IL-18 war das Ausbildungsmuster für die IL-62. Der Werdegang, um auf die IL-62 zu kommen, war bis in die späten 80er Jahre nur über die IL-18 möglich.

Der Hintergrund war die Arbeitsweise und Besatzungszusammensetzung auf diesen Mustern. Auf beiden Mustern gab es neben den Piloten auch einen Navigator und Bordingenieur. Der Umstieg von der IL-18 auf die IL-62 war für die Piloten und anderen Besatzungsmitglieder eine gute Sache.

Später wurden auch Piloten der TU-134 direkt auf die IL-62 geschickt und dort ausgebildet. Allerdings war der Unterschied zwischen diesen Typen doch sehr gross.

 

 

Wofuer wurde die An-2 eingesetzt?

 

Von 1957 bis 1963 waren zunächst alle zivilen AN-2 der Deutschen Lufthansa der DDR zuzuordnen. Es handelte sich dabei um die Landwirtschaftsversion AN-2S, welche aber gleich für den Inlandsverkehr vorgesehen war. So flog die AN-2 z. Bsp. nach Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), da hier keine IL-14 landen konnten. Ebenfalls kam die AN-2 bei Rundflügen und bei der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) zum Einsatz. Dazu wurden damals (ca. um 1960) sieben AN-2S zu Passagierflugzeugen umgebaut

Weiterhin wurden über die Jahre zwei AN-2 der INTERFLUG und zwischen 1982 bis 1986 noch die Foto-Maschine der LSK/LV aus Dresden in der Abteilung "Bildflug", dem späteren FIF (Betrieb für Fernerkundungs-, Industrie- und Forschungsflug), eingesetzt.

Ab ca. 1963 wurden die ehemaligen Passagierflugzeugen beim Agrarflug eingesetzt.

Es wurden spezielle Varianten zum Düngen und der Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Ab 1975 wurden zusätzlich zwischen 30 bis 70 russische AN-2 mit Besatzung bei AEROFLOT gechartert und auf dem Territorium der DDR eingesetzt. Ende der 70er Jahre wurden die AN-2 durch modernere Flugzeuge ersetzt und ein grosser Teil nach Bulgarien verkauft.

 

 

Quellen wo man mehr ueber die Ausbildung der ehem. Interflugpiloten erfahren kann?

 

Die INTERFLUG unterhielt seit 1966 eine eigene Ausbildungsabteilung. Am Seegraben in Berlin-Schönefeld entstand später die Berufsschule und das Fliegertrainingszentrum. Zwischen 1966 und 1970 fand die Ausbildung der Piloten in den bei den Interfliegern gut bekannten „H-Baracken“ (so der Form wegen genannt) statt. Dies war die „Ingenieurschule für Verkehrstechnik Dresden - Aussenstelle Berlin-Schönefeld“.  Für die flugpraktische Ausbildung wurde 1967 die Abteilung „Fliegerische Aus- und Weiterbildung“ gegründet. Ab 1970 erfolgte das Direktstudium an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden und ab 1975 dann an der  Offiziershochschule der LSK/LV „Franz Mehring“ in Kamenz und Bautzen. Die fliegerische Ausbildung fand hauptsächlich in Erfurt (bis 1970) auf AN-2 statt.

Die Simulatoren für die IL-18 und TU-134 befanden sich im Gebäude der alten Abfertigung auf dem Flughafengelände (Nordteil). Hier fand ebenfalls die Havarieausbildung statt.

In Schönefeld gibt es meines Wissens einen INTERFLUG Club, bei dem sicher einiges zu erfahren ist. Übrigens unterhielt die INTERFLUG ein eigenes kleines Museum.

Ich fand folgende Meldung zur Bibliothek der INTERFLUG:

Über die Bibliothek der Interflug Berlin-Schönefeld"
Im März 1992 erwarb die Bibliothek der Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List", die heutige Zweigbibliothek Bauingenieurwesen/Verkehrswissenschaften der SLUB, die komplette Fachbibliothek der in Liquidation gegangenen INTERFLUG-Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mbH i.L. Dieser Ankauf bedeutet für die Zweigbibliothek, die auf dem Gebiet der Luftfahrt, der Luftfahrzeugtechnik, dem Flugsport und der Raumfahrt selbst bereits ca. 8.000 Bände besaß, eine großartige Bereicherung der Fachliteratur.

Die Ausbildung an der Offiziershochschule der LSK/LV „Franz Mehring“ in Kamenz und Bautzen lief so ab:

Voraussetzung für das Studium war neben der Eignung ein Berufsabschluss und das Abitur. Das jeweils Fehlende musste in einer einjährigen Ausbildung nachgeholt werden. Die Berufsausbildung erfolgte in Leipzig und das Abitur wurde in Kamenz an der EOS (Erweiterte Oberschule) abgelegt. Bis 1974 war es noch möglich, die Hochschulreife in nur drei Monaten zu erreichen. Ab 1975 war es dann ein vollwertiges Abitur in allen Hauptfächern.

An der Bautzener Sektion (Fliegerschule für alle Militärpiloten) erfolgte das Grund- und Fachstudium. Die Flugausbildung fand in zwei Stufen in Kamenz (Transportfliegerausbildungsstaffel 45 / TAS-45) statt, bei denen ca. 200 Flugstunden geflogen wurden. Bis in die 80er Jahre wurde für die Transportfliegerausbildung die AN-2 benutzt, welche dann teilweise durch die L-410 abgelöst wurde.

1986 wurde die Bautzener Sektion eigenständig, sie war ursprünglich Bestandteil der OHS "Franz Mehring" (Sektion fliegerische Ausbildung in Bautzen bzw. Brandenburg) und bekam den Namen Offiziershochschule "Otto Lilienthal".

In Kamenz haben einige ehemalige Fluglehrer kleine Firmen und Flugschulen gegründet.

Die Abschluss bzw. Diplomarbeiten der Absolventen (also damit faktisch auch der Interflieger) sind heute im Archiv von Strausberg bei Berlin zu finden.